Hannover, 27.12.2024 (lifePR) – Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) hat ihr Forderungspapier zur Bundestagswahl 2025 vorgelegt und ruft die politischen Akteure dazu auf, die Belange von Menschen mit Multipler Sklerose (MS) in den Mittelpunkt ihrer gesundheits- und sozialpolitischen Agenden zu stellen. Mit rund 300.000 Menschen mit MS in Deutschland, und jährlich etwa 15.000 Neuerkrankungen, ist MS eine der häufigsten chronisch entzündlichen Erkrankungen des Zentralnervensystems. Das umfassende Forderungspapier der DMSG zielt darauf ab, Versorgungslücken zu schließen, Barrieren einer umfassenden Teilhabe abzubauen und die Lebensqualität von chronisch kranken Menschen nachhaltig zu verbessern. Das Forderungspapier enthält zehn Kernforderungen und 27 detaillierte Punkte zur Verbesserung der Situation von Menschen mit MS im deutschen Gesundheits- und Sozialsystem.
- Die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Multipler Sklerose stärken durch flächendeckende, qualitativ hochwertige und Leitlinien gestützte Versorgung für Menschen mit MS und den Aktionsplan Barrierefreies Gesundheitssystem zügig fortführen
- Genehmigungshemmnisse für ASV-MS in Bundesländern abbauen und verbindliche Dokumentation im ASV-MS zur Qualitätsmessung und -generierung schaffen
- Die multimodale Komplexbehandlung der Multiplen Sklerose erhalten
- Die Rolle der „MS-Schwester“ in der Versorgung anerkennen und stärken
- Prävention auch für Menschen mit MS ermöglichen
- Die geschlechtergerechte Medizin ausbauen und geschlechterspezifische Forschungsansätze fördern
- Das Prinzip Reha vor Rente umsetzen und inklusiven Arbeitsmarkt unterstützen – die Gesetzliche Rentenversicherung anpassen
- Zuzahlungen und die Belastungsgrenze in der GKV abschaffen und die Beantragung und Gewährung von Heil- und Hilfsmitteln erleichtern und entbürokratisieren
- Die pflegerische Versorgung von Menschen mit MS und die Situation pflegender Angehöriger verbessern
- Patientenrechte stärken und Selbsthilfeförderung ausbauen
„Menschen mit MS benötigen eine hochwertige, flächendeckende und leitliniengestützte medizinische Versorgung. Daher ist es unverantwortlich, dass der Zugang zu dringend benötigter Therapie wegen fehlender Plätze oder mangels Termine nicht oder nur sehr verzögert möglich ist“, erklärt Prof. Dr. Judith Haas, Vorsitzende der DMSG. Die Einführung der ambulant spezialfachärztlichen Versorgung für Menschen mit Multipler Sklerose ist von der DMSG begrüßt worden. Die Umsetzung wird jedoch in einigen Bundesländern durch eine uneinheitliche Auslegung der zugrundeliegenden Dokumente erschwert. Die DMSG fordert hier Abhilfe durch eine abgestimmte bundesweit einheitliche Vorgehensweise.
Pflegende Angehörige stärken, Patientenrechte ausbauen
Das DMSG-Forderungspapier sieht insbesondere auch die Stärkung von pflegenden Angehörigen sowie der Patientenrechte vor. Das Risiko von Menschen mit MS in jüngeren Jahren einen Pflegebedarf zu entwickeln ist höher als im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Die Aufgabe der Pflege übernehmen zumeist nahe Angehörige wie Partner, Eltern oder teilweise auch die eigenen Kinder. Die bisherige Absicherung von pflegenden Angehörigen ist nicht ausreichend, um deren wichtige Care-Arbeit langfristig zu erhalten. Die Entlastungsangebote sind weiter auszubauen, so dass Kurzzeit- und Verhinderungspflege auch wieder zur Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft in vollem Umfang eingesetzt werden können. Dazu zählt zudem die weitere Flexibilisierung des Gemeinsamen Jahresbetrages. Der monatliche Entlastungsbetrag ist unbürokratisch auszugestalten und wie alle anderen Leistungen jährlich zu dynamisieren, um dem vorhandenen Kaufkraftverlust entgegenzuwirken. „Das sind ganz zentrale Forderungen, um die Lage von pflegenden Angehörigen, aber auch den Betroffenen mit Pflegebedarf, zu verbessern“, sagt Claudia Schilewski, Vorsitzende des Bundesbeirates MS-Erkrankter hierzu aus Sicht von Menschen mit MS.
Im Bereich der Patientenrechte setzt sich die DMSG dafür ein, dass sogenannte „unsichtbare Symptome“ stärker bei der Ermittlung des Grades der Behinderung zu berücksichtigen sind. Außerdem fordert die DMSG die Übernahme der Fahrkosten durch die Gesetzliche Krankenversicherung ohne Vorliegen von Merkzeichen oder Pflegegrad bei hochfrequenten Therapien.
Multimodale MS-Komplexbehandlung erhalten und Hemmnisse für die Heil- und Hilfsmittelversorgung abbauen
Für Menschen mit MS mit Einschränkungen ist die bereits über viele Jahre etablierte multimodale MS-Komplexbehandlung im Rahmen der Klinikreformen zwingend zu erhalten. Als vielfach belastend wird der bürokratische Aufwand zur Beantragung von Heil- und Hilfsmitteln von Menschen mit MS und ihren Angehörigen erlebt. Hier fordert die DMSG, bürokratische Hemmnisse abzubauen, um die Versorgung schneller und effizienter zu gestalten.
Arbeitsmarkt und soziale Absicherung: Chancen schaffen und Unterstützung ausbauen
Die Teilhabe am Arbeitsmarkt ist für viele Menschen mit MS eine große Herausforderung. Häufiger als im Durchschnitt der Allgemeinbevölkerung zwingt die Krankheit Betroffene dazu, in Teilzeit zu arbeiten oder früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, was mit erheblichen finanziellen Einbußen und einem höheren Armutsrisiko insbesondere im Alter einhergeht. Die DMSG fordert daher:
- „das Prinzip Reha vor Rente“ konsequent umsetzen – Rehabilitationsmaßnahmen sollen flächendeckend zugänglich sein, um die Arbeitsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten,
- den Inklusiven Arbeitsmarkt zu stärken – Förderprogramme für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen müssen ausgebaut und die vorhandenen Instrumente passgenau nachgeschärft werden,
- das Rentensystem reformieren – die Erwerbsminderungsrente muss armutsfest gestaltet werden, um MS-Erkrankte besser abzusichern.
Darüber hinaus betont die DMSG die Notwendigkeit einer nachhaltigen Stärkung der gesundheitlichen Selbsthilfe. „Die Selbsthilfe bietet Menschen mit MS Orientierung und Unterstützung und ist eine unverzichtbare Ergänzung zum staatlichen Versorgungssystem“, erläutert Claudia Schilewski. Die vielfältigen Aufgaben der gesundheitlichen Selbsthilfe bedürfen daher einer stärkeren Finanzierung.
Geschlechtersensible Forschung stärken – Prävention für alle
Die DMSG fordert mehr geschlechterspezifische Forschung, um den unterschiedlichen Krankheitsverlauf bei Frauen und Männern besser zu verstehen.
Präventive Maßnahmen wie Rehasport, Funktionstraining oder Programme, die den Lebensstil positiv beeinflussen, müssen niederschwellig und unbürokratisch auf Dauer zugänglich sein.
Fazit: Jetzt handeln für ein nachhaltiges Gesundheitssystem, das chronisch kranken Menschen bestmögliche Behandlung sichert
Die DMSG ruft alle politischen Entscheidungsträger auf, die im Forderungspapier skizzierten Maßnahmen zügig umzusetzen. „Gemeinsam können wir die Lebensqualität von Menschen mit MS nachhaltig verbessern und Barrieren abbauen“, betont Prof. Dr. Haas.