Hannover, 02.08.2024 (lifePR) – Anfang April 2024 wurde Genuss-Cannabis teil-legalisiert. Unabhängig davon finden Cannabis und cannabishaltige Produkte seit vielen Jahren Einsatz in der Medizin. Dabei handelt es sich um sogenanntes Medizinalcannabis bzw. Cannabis zu medizinischen Zwecken. Dies umfasst Cannabisblüten und -extrakte (Öle) sowie einige Fertigarzneimittel. Seit 1. April 2024 können Ärzte medizinisches Cannabis per elektronischem Rezept – wie andere Arzneimittel auch – verordnen. Mit der Teil-Legalisierung von Cannabis unterliegt die Verordnung von Cannabisarzneimitteln nicht länger dem Betäubungsmittelgesetz. Bei Multiple Sklerose (MS) findet Medizinalcannabis Einsatz in der symptomatischen Therapie, u.a. bei MS bedingter Spastik. Eine aktuelle Auswertung aus dem MS-Register der DMSG zeigt, welche Menschen mit Multipler Sklerose bereits vor der allgemeinen Cannabislegalisierung Cannabinoide als Medikament genutzt haben. Der bislang bestehende Genehmigungsvorbehalt soll bei Verordnung durch bestimmte Facharztgruppen entfallen. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtswirksam. Wir werden weiter berichten.

Anhand aktueller Daten aus dem MS-Register wurde kürzlich untersucht, wie viele Menschen mit Multipler Sklerose Sativex® nutzen und wie lange therapiert wird.

Mit Sativex® seit Mai 2011 bislang lediglich ein Cannabinoid-basiertes Arzneimittel speziell für MS zugelassen, welches zur symptomatischen Therapie der Spastik verwendet werden soll. Hierbei handelt es sich um einen Cannabisextrakt als Mundspray, welches eine Kombination aus

Anhand aktueller Daten aus dem MS-Register wurde kürzlich untersucht, wie viele Menschen mit MS Sativex® nutzen und wie lange therapiert wird.

Mit Sativex® seit Mai 2011 bislang lediglich ein Cannabinoid-basiertes Arzneimittel speziell für MS zugelassen, welches zur symptomatischen Therapie der Spastik verwendet werden soll. Hierbei handelt es sich um einen Cannabisextrakt als Mundspray, welches eine Kombination aus

Anhand aktueller Daten aus dem MS-Register wurde kürzlich untersucht, wie viele Menschen mit MS Sativex® nutzen und wie lange therapiert wird.

Mit Sativex® seit Mai 2011 bislang lediglich ein Cannabinoid-basiertes Arzneimittel speziell für MS zugelassen, welches zur symptomatischen Therapie der Spastik verwendet werden soll. Hierbei handelt es sich um einen Cannabisextrakt als Mundspray, welches eine Kombination aus Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) enthält. Darüber hinaus war es bereits möglich, dass Cannabisprodukte off-label durch Ärzte verschrieben wurden, also ohne dem von der Arzneimittlebehörde zugelassenen Gebrauch bzw. Verwendungszweck zu entsprechen. So wird Sativex® teilweise auch (off-label) eingesetzt, um andere Symptome, wie etwa Schmerz, zu lindern.1

Folgende folgende Produkte/Darreichungsformen zu Verfügung:

  • Cannabinoid-basierte Arzneimittel:B. Sativex®, Dronabinol, THC, CBD, Nabilon (ein synthetisches Cannabinoid)
  • Medizinische Cannabisblüten: Die Blüten sind in verschiedenen Sorten verfügbar und zeichnen sich durch unterschiedliche Gehalte an THC und CBD aus. Die Blüten können schonend verdampft inhaliert (z.B. mittels Vaporizer) oder zu Extrakten weiterverarbeitet werden.
  • Cannabisextrakt: Die Gewinnung erfolgt aus den Blüten, wobei eine Verabreichung als Öle oder andere Darreichungsformen möglich ist. Vorteilhaft ist hierbei die kontrollierbare Dosierung.

In der aktuellen Auswertung werden die Daten von Menschen mit MS im MS-Register analysiert, die seit dem Jahr 2020 mindestens eine Visite mit detaillierten Angaben zu medikamentösen symptomatischen Therapien (inklusive des ATC-Codes, welcher eine systematische Klassifizierung von Therapien erlaubt) hatten und hierzu die Information angegeben wurde, ob die Person Sativex® nutzt oder nicht (Ngesamt= 29.934). Zur Ihrer letzten Visite wurden Sativex®-Anwender hinsichtlich ihrer Demographie und ihrer Symptomatik mit jenen verglichen, die bislang kein Sativex® nutzen.

Die Auswertung zeigt, dass unter den Patienten, für die die Verwendung von Cannabis-Arzneimitteln dokumentiert ist (N=374), Sativex (N=365) deutlich häufiger als andere Einnahmeformen (N=9) verwendet wird. Die überwiegende Mehrzahl der im Register dokumentierten Sativex®-Nutzer ist von Spastik betroffen. Bei lediglich zwei Prozent der Sativex®-Nutzer (N=6) wurde Spastik als durchgehend „nicht-vorhanden“ angegeben. In diesen Fällen ist eine off-label Therapie, etwa von Schmerzen, anzunehmen. (1)

Die Begleiterhebung (2) zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, durchgeführt in der Zeit vom April 2017 bis März 2022 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag des Bundesgesetzgebers zeigt ein differenziertes Bild der Verschreibung. Sativex® wurde jedoch in dieser Erhebung für das zugelassene Anwendungsgebiet nicht aufgenommen. Für die Hauptindikation Multiple Sklerose werden Cannabisblüten und Dronabinal vorrangig verordnet. In geringem Umfang wird auch Cannabisextrakt (vier Prozent) verschrieben.

Beim Blick auf die Demografie zeigt sich, dass in-label (also entsprechend des zugelassenen Gebrauchs bzw. Verwendungszwecks) Sativex®-Nutzer im Durchschnitt etwas älter sind. So sind 29 Prozent der Sativex®-Nutzer bereits über 60 Jahre alt, während dieser Anteil bei den übrigen Personen im MS-Register nur achtzehn Prozent beträgt. Ähnliche Unterschiede zeigen sich in der Dauer der Erkrankung und der Verlaufsform, siehe Abbildung 1. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen mit 73 Prozent Frauen innerhalb Sativex®-Gruppe gegenüber 71 Prozent bei denen, die keine Cannabisprodukte nutzen.

Vergleicht man die Symptomatik bei der letzten Visite, so sind Sativex-Anwender über alle Symptome hinweg deutlich schwerer betroffen als andere Menschen mit MS. Bei den Symptomen waren die Unterschiede neben der zu erwartenden Spastik (89 vs. 33 Prozent) bei Schmerzen (57  vs. 29 Prozent) und bei Einschränkungen des Gehvermögens (89 vs. 52 Prozent) besonders ausgeprägt.

Insgesamt zeigt die Auswertung der MS-Registerdaten, dass Sativex-Nutzer älter sind und eine weiter fortgeschrittene Erkrankung haben. Auffällig ist, dass der Effekt nicht auf das zulassungsrelevante MS-Symptom Spastik beschränkt ist. Vielfach sind Patienten von mehreren Symptomen betroffen.

Als Begrenzung der Auswertung ist zu beachten, dass die symptomatischen Begleittherapien retrospektiv erfasst sind. Behandlungsepisoden in den ersten Jahren nach der Zulassung 2011 sind unter Umständen unvollständig abgebildet. Insbesondere die Therapieepisoden, die mittlerweile beendet wurden, sind möglicherweise in Vergessenheit geraten. Darüber hinaus könnte die Einnahme von Cannabis-Produkten aus rechtlichen Bedenken von den Patienten aber auch von Seite der Zentren nur unzureichend weitergegeben worden sein. Eine weitere Limitation ist die insgesamt noch kleine Fallzahl an Cannabis-Nutzern im MS-Register.

Wie bei jeder Therapieentscheidung sollten auch bei der Erwägung von Cannabis-Arzneimitteln zur Therapie von Spastik und anderen Symptomen bei Menschen mit MS eine Abwägung der Vor- und Nachteile zusammen mit den behandelnden Ärzten erfolgen.

Literatur:

  1. https://www.bfarm.de/…
  2. https://www.bfarm.de/…, S. 12/13.

Quelle: MS-Register der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, MS Forschungs- und Projektentwicklungs-gGmbH