Vogelsbergkreis, 19.09.2025 (lifePR) – Diese Diagnose wird immer häufiger gestellt: Demenz. Und oft dominiert dann die Annahme, dass die Betroffenen „verschwinden“, dass sie nichts mehr von ihrer Umwelt wahrnehmen. Diese Vorstellung indes ist falsch, eine Demenzerkrankung verändert die Menschen, die Krankheit nimmt ihnen nach und nach viele Dinge, die sie früher konnten und wussten. Doch der Mensch bleibt. Und es bleibt die Fähigkeit erhalten, Gefühle wie Freude, Angst und Schmerz zu empfinden. Der Welt-Alzheimertag am Sonntag steht daher unter dem Motto „Demenz – Mensch sein und bleiben“. Er fällt übrigens in die „Woche der Demenz“, die am 28. September endet. Doch was genau ist eigentlich Demenz? Auf was muss man achten? Wie kann man vorbeugen? Diese Fragen beantworten Monique Abel und Sonja Reichel vom Pflegestützpunkt des Vogelsbergkreises.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Demenz und Alzheimer?
Demenz ist der Oberbegriff für eine Erkrankung des Gehirns. Alzheimer ist eine Form der Demenz. Sie tritt am häufigsten auf und ist bekannt. Daher werden die Begriffe oft verwechselt. Es gibt auch noch weitere Formen der Demenz – zum Beispiel die frontotemporale Demenz, die auch bei jüngeren Menschen auftritt. Diese Patienten verändern sich vom Wesen her, können aggressiv werden.
Allgemein heißt es, dass es immer mehr Demenz-Erkrankungen gibt. Kann dies mit Vergleichszahlen belegt werden?
Zum Ende des Jahres 2023 lebten rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland. Gelingt kein Durchbruch in der Medizin, werden es nach aktuellen Schätzungen im Jahr 2050 bereits 2,7 Millionen Menschen im Alter von 65+ sein. Diese Entwicklung zeigt auch, warum dieses Thema dem Pflegestützpunkt des Vogelsbergkreises so sehr am Herzen liegt. Die Woche der Demenz ist den Mitarbeiterinnen wichtig, in Schotten bieten sie daher am Dienstag, 23. September, einen Kompaktkurs „Menschen mit Demenz verstehen und begleiten“ an.
Irgendwie hat man das Gefühl, dass es Demenz früher gar nicht gab, da waren die alten Menschen einfach nur ein wenig tüttelig, oder?
Das Risiko für Demenz ist das Alter. Da sich die Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren enorm erhöht hat, gibt es natürlich auch viel mehr Erkrankungen. Ältere Menschen leiden häufiger an Gefäßerkrankungen, an Diabetes oder an Stoffwechselerkrankungen – all das kann Demenz auslösen.
Ich vergesse ab und an einen Namen und meinen Schlüssel habe ich auch schon einmal verlegt – muss ich mir nun Sorgen machen?
Nein, da müssen mehrere Symptome zusammenkommen. Man spricht von elf Warnsignalen, dazu zählen natürlich das Verlegen von Dingen und die fehlenden Worte im Gespräch. Aber auch die fehlende Orientierung. Hellhörig sollte man werden, wenn man Gesprächen nicht mehr folgen kann, wenn man Gedächtnisstörungen hat, wenn man sich von Arbeit und sozialen Aktivitäten zurückzieht, wenn man immer wieder die gleichen Fragen stellt oder die täglichen Aufgaben nicht mehr erledigen kann. Oft ist es gar nicht das familiäre Umfeld, sondern es sind Außenstehende, die die Symptome bemerken. Eine Demenz-Erkrankung schleicht sich ein, fängt langsam an und steigert sich dann. In der Regel dauert es fast zwei Jahre, bis die Krankheit diagnostiziert wird.
Wenn man einmal den Schlüssel verlegt, muss man nicht panisch werden, erst wenn mehrere Dinge zusammenkommen, sollte man den Arzt aufsuchen. Ein Schritt – vor dem natürlich viele Angst haben, von daher ist die Dunkelziffer der Demenz-Erkrankungen sehr viel höher als die gemeldeten Zahlen. Der Pflegestützpunkt des Vogelsbergkreis indes empfiehlt den Arztbesuch auf jeden Fall, denn es kann ja auch etwas ganz anderes hinter den Symptomen stecken. Und wenn es tatsächlich Demenz ist, dann kann nach eindeutiger Diagnose viel gezielter damit umgegangen werden.
Kann Demenz behandelt werden?
Es gibt keine Wunderpille gegen Demenz, die Krankheit ist nicht heilbar. Wichtig für einen Erkrankten ist, so lange wie möglich in seiner gewohnten Umgebung zu bleiben. Dort kann er sich orientieren, dort weiß er, wo die Dinge des täglichen Gebrauchs stehen. Die Familie kann Biografie-Arbeit leisten: Was hat der Patient früher gerne gemacht? Was hat er gerne gegessen? Welche Musik hat er gerne gehört? Darüber kann man Zugang zu ihm finden, ihn wertschätzend behandeln. Man kann über Gedächtnisspiele oder Fotoalben in die Vergangenheit gehen, denn das Kurzzeitgedächtnis eines Demenz-Patienten verschwindet langsam, das Langzeitgedächtnis bleibt. Von daher kommt es immer wieder vor, dass alte Menschen nach der eigenen Oma fragen – sie leben in der Welt ihrer Kindheit.
Demenz ist nicht heilbar, aber kann man vorbeugen?
Ja, man sollte sich gut ernähren, viel Gemüse und Obst essen und genügend trinken. Bewegung ist wichtig und natürlich soziale Kontakte. Man sollte aktiv etwas machen, einfach am Leben teilhaben. Hauptsache ist, dass man gegensteuert.
Der Pflegestützpunkt des Vogelsbergkreises rückt das Thema Demenz immer wieder in den Fokus, in der Vergangenheit hat es dazu schon zahlreiche Veranstaltungen gegeben.
Ja, das Thema kommt bei uns häufig vor, denn im Kreis leben viele alte Menschen. Wir haben Veranstaltungsreihen ins Leben gerufen, wir bieten regelmäßig Informations-Kurse an, die immer ausgebucht sind, wir beraten aber auch ganz individuell in den Familien. Und auch in der Woche der Demenz bieten wir gemeinsam mit der Volkshochschule einen Schulungskurs in Schotten an. Anmelden kann man sich über die vhs. Auf der Homepage des Pflegestützpunktes werden diese Termine bekannt gegeben. Zudem wird dort auf Gesprächsgruppen – unter anderem gibt es eine am Eichhof-Krankenhaus in Lauterbach – und deren Termine verwiesen.